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Popkultur

30 Jahre „Punk In Drublic“ von NOFX: Mehr muss man über Punk nicht wissen

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NOFX
Foto: Gie Knaeps/Getty Images

Bis Ende des Jahres sind NOFX noch auf Abschiedstournee. Dann geht eine Karriere zu Ende, die vor 30 Jahren mit Punk In Drublic eine der schmissigsten Punk-Platten der Welt hervorgebracht hat.

von Björn Springorum

NOFX sind eine Institution. Eine Bank. Eine Macht. Gegründet 1983 im Sündenpfuhl Los Angeles vom Punk-OG Fat Mike, darf man der Band ohne jeden Skrupel attestieren, sich nie verkauft, angebiedert oder kommerzialisiert zu haben. Punk durch und durch, der Szene und ihrem Sinn für Gemeinschaft und Toleranz verschrieben, immer auf die zwölf, immer mit Attitüde. Immer für die Sache. Können auch nicht viele von sich behaupten.

Die integerste Punkband Amerikas

Dass man auf diese Weise Karriere machen kann, hat NOFX wahrscheinlich selbst am meisten überrascht. Während in den Neunzigern links und rechts Green Day oder The Offspring an ihnen vorbeiziehen und plötzlich die riesigen Arenen ausverkaufen, machen NOFX einfach ihren Stiefel weiter. Und gelten längst als vielleicht integerste Punkband Amerikas.

Jahrelange Aufbauarbeit haben die Band Anfang der Neunziger zu einem Fixpunkt der US-Punkszene gemacht. Ende 1992 erscheint White Trash, Two Heebs And A Bean, ein Album, dessen Titel sich auf die kulturellen Hintergründe der Mitglieder bezieht – ein „Weißer“, zwei Juden und einer mit lateinamerikanischen Wurzeln. Es ist die dritte Platte der Band und befeuert die Popularität des Punkrocks in der goldenen MTV-Ära Seite an Seite mit Generator von Bad Religion und Ignition von The Offspring.

Als Punkrock in den Mainstream knallte

Irgendwas liegt damals in der Luft. Aber noch ahnt niemand, was 1994 mit Punk passieren wird. Auf einmal kommt es zu einer Explosion, zu einer seismischen Verschiebung der Verhältnisse. Mit Macht und Durst knallt Punkrock in den Mainstream, angeführt von Green Days Dookie und Smash von The Offspring. Plötzlich finden sich auch NOFX ungewollt mitten im Scheinwerferlicht wieder – und veröffentlichen 1994 mit Punk In Drublic ihr mit Abstand erfolgreichstes Album.

Im Gegensatz zu Green Day oder The Offspring haben NOFX ihre Herangehensweise aber eben überhaupt nicht verändert. Im Kern sind sie nach wie vor eine harte, geschwindigkeitssüchtige, melodische Punk-Macht. Der größte Unterschied liegt aber eben im Songwriting. Linoleum oder Don’t Call Me White sind Paradebeispiele für das Genie dieser Band: schnelle, rotzige Songs, starke Thesen, große Melodien und Hooks.

Keinen Bock auf die Industrie

Die Platte kracht auf die 12 der US-Charts, sechs Jahre später wird sie mit Gold ausgezeichnet. So etwas war noch ein Jahr zuvor unvorstellbar gewesen. Zur Single Leave It Alone dreht die Band ein Video, bei MTV zu sehen ist es jedoch nie. „Wir haben beschlossen, es nicht an MTV zu senden“, wird Fat Mike zitiert. „Wir wollten einfach nicht Teil dieser Maschinerie, dieser ‚Punk-Welle‘ sein.“

Das sieht die Industrie natürlich anders. Nach dem großen Erfolg des Albums und dem Hype um alles, was auch nur entfernt nach kalifornischem Punk riecht, reißen sich die großen Labels um die Band. NOFX lehnen alle Angebote ab, bleiben bei ihrer angestammten Heimat Epitaph, dem Label von Bad-Religion-Gitarrist Brett Gurewitz, in dessen Studio Westbeach Recorders die Platte auch entsteht. „Wir sind all die Jahre gut ohne euch zurechtgekommen, also lasst uns in Ruhe!“, so lautet damals die knappe Äußerung der Band. Punk(t).

„Glück ist das Ziel im Leben“

Auch 30 Jahre später bereut Fat Mike diese Entscheidung nicht. Sicher, er wäre heute deutlich reicher. Aber eben nicht zufriedener. „Ich denke, wir haben die richtige Entscheidung getroffen. Und die Entscheidung war eben, dass wir uns nicht verkaufen wollten, indem wir zu einem Major gehen. Glück ist das Ziel im Leben – und nicht, immer mehr zu haben.“ Fat Mike, der Dalai Lama des Punk. Heute eröffnet er lieber ein Punkrock-Museum in Las Vegas, schreibt klassische Streichquartette und macht Stand-Up-Comedy.

Die Band wird in ein paar Jahren Geschichte sein. Und als eine von ganz wenigen global erfolgreichen Punk-Acts in die Geschichte eingehen, die immer Wort gehalten und nie die Basis aus dem Auge verloren hat.

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