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Popkultur

„In The Lonely Hour“: Wie Sam Smith in knapp 33 Minuten den Pop-Thron erobert

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Sam SMith
Kristy Sparow/Getty Images

Vor zehn Jahren beginnt eine der steilsten und ungewöhnlichsten Karrieren der britischen Popwelt: Mit dem Debüt In The Lonely Hour wird Sam Smith 2014 über Nacht zum größten Popstar der Insel. Rekapitulation eines unvergleichlichen Durchmarschs.

von Björn Springorum

Wie lang braucht man eigentlich, um die Popwelt aus den Angeln zu heben? Nicht lang – zumindest, wenn man Sam Smith fragt. 2014 braucht Smith gerade mal 32 Minuten und 50 Sekunden, um englische Popgeschichte zu schreiben. Das ist die Spielzeit von In The Lonely Hour, einem Album, das für viele aus dem Nichts kommt und von dort in Windeseile ganz nach oben steigt. Zwei Nummer-eins-Hits in England, vier (!) Grammys, über zwölf Millionen verkaufte Einheiten weltweit. Das geht 2014 alles so schnell, dass sich insbesondere außerhalb von England sehr viele Leute fragen: Wer ist eigentlich Sam Smith? Wem gehört diese weiche, verletzliche, im besten Falle tragische Stimme?

Ein Opus der unerwiderten Liebe

Drehen wir die Uhren gute 30 Jahre zurück. Am 19. Mai 1992 wird Sam Smith als Samuel Frederick Smith in London geboren. Schon als Kind wird Smith gemobbt, im Alter von zwölf Jahren kommt es bereits zu einer Fettabsaugung. Mit einem gesunden Körpergefühl aufzuwachsen hat das nun wirklich nichts zu tun. Smith wendet sich früh der Musik zu, sucht Heil und Anerkennung in ihr. Musicals, Musiktheater, Jazzbands, Chor… Sam Smith probiert alles aus, veröffentlicht ab 2008 eigene Musik. Mit gerade mal 16 Jahren.

Lange bevor das Debütalbum erscheint, erregt diese außergewöhnliche, hohe, durchdringende Stimme im Disclosure-Song Latch großes Aufsehen. Schon ein Jahr vor Veröffentlichung von In The Lonely Hour kommt dann die erste Single, die zweite folgt im Februar 2014. Früh spielen queere Themen, Gender-Fragen und Geschlechtsidentität eine Rolle in den Songs. Kurz vor der Veröffentlichung des Albums hat Smith dann das Coming-Out. Es drehe sich auf dieser Platte „alles um unerwiderte Liebe“, hieß es damals in einem Statement. „Ich möchte dem Mann danken, von dem diese Platte handelt, in den ich mich letztes Jahr verliebt habe. Vielen Dank, dass du mir das Herz gebrochen hast, weil du mir vier Grammys beschert hast!“, so die Grammy-Ansprache 2015. Echtes Mic-Drop-Material.

Der Sound brechender Herzen

Das Album wird zum Triumph. Die Mischung aus einfühlsamem Pop, verletzlichen Vocals und jazzigen Arrangements springt direkt auf die eins der britischen Albumcharts und auf Platz zwei der US-Billboard 200. In diesem Jahr muss sich Smith in Sachen bestverkauftes Album nur 1989 von Taylor Swift geschlagen geben. Und gegen Swift kann (und muss) man nun mal nicht gewinnen. Sam Smith wurde, zumindest in Großbritannien, nicht über Nacht zum Star. Der Rest der Welt kommt aber erst durch die Blue-Eyed-Popsongs von In The Lonely Hour in Kontakt mit dieser Stimme. Und verliebt sich sofort in sie. Es ist ein herzzerreißend trauriges Album, das ja. Doch genau das macht es für viele Menschen so attraktiv. Endlich kann man sich mal wieder so richtig suhlen in Songs voller brechender Herzen, unerwiderter Liebe und Kummer. Die Siebziger lassen grüßen.

Sam Smith singt für alle – Mann, Frau, Ziege

Das Besondere an Smiths Erfolg ist dabei vermeintlich nicht mal die Musik. Sondern die Offenheit, mit der eine queere Lebenswirklichkeit schon vor zehn Jahren die Charts erobert. Liegt natürlich auch an der Ungezwungenheit und Offenheit, die eine damals 22-jährige Person an den Tag legt. „Ich fühle mich wohl mit mir selbst, und mein Leben ist in dieser Hinsicht erstaunlich“, so ist in einem Interview von 2014 zu hören. „Ich fühle mich sehr wohl und bin mit allem zufrieden. Ich weiß, dass manche Menschen Probleme im Leben haben, aber ich nicht. Ich möchte meine Sexualität zu einer Normalität machen, weil sie kein Problem ist. Einem Heterosexuellen würde man diese Fragen ja auch nicht stellen. Ich habe versucht, mit diesem Album clever zu sein, weil es mir auch wichtig ist, dass meine Musik jeden erreicht. Ich habe meine Musik so gemacht, dass sie von allem und jedem handeln kann – egal, ob Mann, Frau oder Ziege. Ich bin nicht in dieser Branche, um über mein Privatleben zu sprechen, es sei denn, es geschieht in musikalischer Form.“


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Und Musik gibt es eine Menge. Auch live: Es geht auf Tour, die einst kleinen Clubs weichen schnell den großen Hallen und Auftritten in den größten TV-Shows. Später wird Smith die frühen Jahre seiner Karriere als „Wirbelwind“ bezeichnen, als irre Zeit, in der alles gleichzeitig zu geschehen scheint. 2015 folgt dann schon die logische Konsequenz auf diesen rasanten Aufstieg: Smith steuert den Bond-Song Writing’s On The Wall bei. Dafür gibt es dann sogar den Oscar. Was für ein Start!

Safe Space für die queere Community

Zehn Jahre später muss das natürlich gefeiert werden: Mit einer besonderen Jubiläums-Reissue des bahnbrechenden Debüts. Und mit einer besonderen Aktion aus dem Hause Sam Smith persönlich: Parallel zu den Feierlichkeiten wird Smith nämlich eine Reihe von Promo-Aktivitäten rund um The Pink House durchführen. Dabei handelt es sich um einen Safe Creative Space, in dem LGTBQIA+ Individuen ihre Kreativität ausleben können. Schon am 13. Juni feierten Sam Smith und The Pink House die Premiere des gleichnamigen Podcasts. In jeder Folge wird Smith mit Freund*innen und queeren Icons zusammensitzen (darunter Elliot Page, Laverne Cox und Gloria Estefan) um Geschichten über Zugehörigkeit, Familie und die Reisen zu erzählen. Nach nur zehn Jahren kann man schon sagen: Typisch Sam Smith. Im besten aller Sinne.

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