
von Christof Leim und Andrea Leim
Am 5. April 1994 verliert die Rockwelt eine musikalische Ikone: Kurt Cobain von Nirvana nimmt sich in seinem Haus in Seattle das Leben. Dies ist die Geschichte seiner letzten Tage. Rest in peace.Hör hier in die besten Nirvana-Songs rein:
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Als Elektriker Gary Smith am Morgen des 8. April 1994 am Haus von Courtney Love und Kurt Cobain im Stadtteil Lake Washington in Seattle ankommt, öffnet ihm niemand die Tür. Allerdings erwartet er das auch nicht, er soll lediglich im Auftrag von Cobain Lichtschranken installieren, um die Sicherheit auf dem Grundstück zu erhöhen. Und so beginnt Smith mit seiner Arbeit an dem dreistöckigen Haus. Einige Kabel verlaufen vom Dach in den kleinen Raum direkt über der Garage, was sich der Handwerker genauer anschauen will. Er blickt durchs Fenster und versteht zuerst gar nicht, was er da entdeckt: Am Boden sieht er einen Menschen, in dessen blonden Haaren Blut klebt. Auf dem leblosen Körper befindet sich ein Gewehr. Vor den Augen von Elektriker Gary Smith liegt der tote Kurt Cobain, einer der größten Rockstars seiner Zeit. Mit nur 27 Jahren hat sich der Gitarrist, Sänger und Songwriter von Nirvana das Leben genommen – ein tragisches und trauriges Ende eines geplagten Künstlers, dessen Musik Millionen auf der ganzen Welt berührt und die Neunziger maßgeblich geprägt hat. In der Zeit unmittelbar vor dieser Verzweiflungstat geht es Cobain eindeutig nicht gut: Erst am 1. April war er aus einer Entzugsklinik in Los Angeles geflohen und zurück nach Seattle geflogen. Sechs Therapieanläufe bricht der Sänger zeitlebens ab und schafft es einfach nicht, von seiner starken Heroinsucht loszukommen. So muss er Anfang März kurz vor seinem letzten Entzugsversuch die Europatour zum dritten Album In Utero wegen gesundheitlicher Probleme abbrechen. Das Konzert in München am 1. März 1994 sollte sein letztes sein. Am 2. März reist der Musiker mit seiner Frau nach Rom, wird dort jedoch zwei Tage später in ein Krankenhaus eingewiesen. Cobain liegt tagelang im Koma. Berichten, wonach es sich um einen Suizidversuch gehandelt haben soll, widerspricht er später und erklärt, er habe lediglich aus Versehen eine Überdosis an Schlafmittel genommen und dazu Alkohol getrunken. Nicht zuletzt wegen dieses Vorfalls versuchen zu Hause in Seattle Freunde, Familienmitglieder und seine Frau Courtney auf ihn einzureden, sich endlich dabei helfen zu lassen, von den Drogen wegzukommen. Besonders im Umgang mit seiner erst zweijährigen Tochter Francis Bean spielt die Sucht eine Rolle. In einem Interview kurz nach Kurt Cobains Tod berichtet seine Witwe unter Tränen davon, wie sie ihm einmal mitgeteilt habe, dass er sein Baby im Rausch habe fallen lassen. „Vermutlich hätte ich ihm das so nicht sagen dürfen. Dem Kind ist damals nichts passiert, doch er machte sich unglaubliche Vorwürfe.“ Genug jedenfalls, um sich noch einmal einweisen zu lassen. Zuvor fährt er am Morgen des 30. März allerdings zu einem Waffengeschäft, kauft sich ein Gewehr und Munition. Am Nachmittag kutschiert ihn Chauffeur Harvey Ottinger dann zum Flughafen, wo Cobain wenig später in eine Maschine nach Los Angeles steigt, um sich in eine Entzugsklinik zu begeben. Doch bevor er aus der Limousine steigt, fällt ihm auf, dass er die Munition noch bei sich trägt. „Als er das merkte, sagte er ‚oh fuck‘, weil er wusste, dass er sie natürlich nicht mitnehmen konnte“, erinnert sich der Fahrer in der Dokumentation The Last 48 Hours Of Kurt Cobain. „Ich musste ihm versprechen, die Kugeln zurück zu seinem Haus zu bringen. Das war ihm äußerst wichtig.“
